Begleitete Kampagnen

Letzte Generation vor den Kipppunkten
Raz Letzte Generation

Die Letzte Generation ist eine Kampagne des Zivilen Widerstandes, die sich Anfang 2022 gegründet und hautpsächlich mit Straßenblockade auf sich aufmerksam gemacht hat. Die Aktivist:innen haben aktiv die feine Grenze zwischen Versammlungsfreiheit und eventueller Strafbarkeit von unangekündigten Straßenblockaden ausgetestet.

Das Legal Team der Letzten Generation hat die Aktivist:innen von Beginn an in allen Herausforderungen strategisch und juristisch begleitet. Am bekanntestens sind die Strafverfahren und damit einhergehende Vorwürfe nach der Beteiligung an einer Straßenblockade: Nötigung nach § 240 StGB und teilweise auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt:innen nach § 113 StGB, aber auch die Sachbeschädigung nach § 303 StGB. Die Begleitung von Präventivhaft, unter anderem von einigen Klimaaktivist:innen für angedachte 30 Tage in Bayern Ende 2023, sowie darauffolgende Beschwerdeverfahren, aber auch Betreuung beim Umgang mit Gebührenbescheiden, Allgemeinverfügungen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmung von Mobiltelefonen, Hausbesuchen von Polizei und Staatsschutz, gehörte zur Arbeit des Legal Teams der Letzten Generation.

Seit der RAZ seine Arbeit Anfang 2024 aufgenommen hat, werden straf-, zivil-, und verwaltungsrechtliche Verfahren von uns begleitet. Wir unterstützen die Aktivist:innen der Letzten Generation bei juristischen und emotionalen Herausforderungen, da wir davon überzeugt sind, dass zivil ungehorsamer Protest für die Einhaltung verfassungsgemäßer Grundrechte und die Ermahnung der Regierung ein demokratischer Einsatz ist, um eine klimagerechte und lebenswerte Welt zu sichern. Dementsprechend müssen Protesträume, wie die der Letzten Generation, geschützt werden.

Da die Letzte Generation die unterschiedlichen Amts-, und mittlerweile auch Landgerichte fast täglich vor die Frage stellt, wie den friedlichen Protesten begegnet werden soll, bietet sich hier eine strategische Möglichkeit, die Strafjustiz in Deutschland vor bedeutende Fragen in Zeiten der Klimakrise zu stellen. Neben der emotionalen und juristischen Unterstützung der einzelnen Aktivist:innen kann RAZ an dieser Stelle strategische Ausrichtungen beisteuern.

Menschen Gegen Öl: Eine Kampagne für Gerechtigkeit 

RAZ e.V. betreut die Bewegung Letzte Generation in all ihren Strafverfahren, u.a. unterstützt der Verein auch bei den anstehenden Verfahren gegen Unterstützer:innen von Letzte Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB). 

Anfang März 2024 haben sich nun betroffene Menschen aus der Zivilgesellschaft, sowie Rechtsexpert:innen, und Unterstützer:innen der Klimagerechtigkeitsbewegung in dem Bündnis Menschen gegen Öl zusammengefunden. Das Bündnis ist von RAZ e.V. als Teil der langfristigen Unterstützungsarbeit initiiert worden. 

Das Bündnis Menschen gegen Öl informiert über das laufende Verfahren und lenkt Aufmerksamkeit auf die gravierenden Folgen für zivilgesellschaftliches Engagement, die damit einhergehen. Das Bündnis ist eine Anlaufstelle für alle, die Sorgen um die Einschränkung und Bedrohung demokratischer Freiheiten teilen und aktiv werden wollen.

Seit Monaten kündigt die Staatsanwaltschaft Neuruppin an, gegen fünf Unterstützer:innen der Letzten Generation Anklage erheben zu wollen.
Ihnen wird vorgeworfen, Teil einer kriminellen Vereinigung zu sein. Zum Einsatz kommt hier der Paragraph 129 StGB, der eigentlich der Bekämpfung organisierter Kriminalität dienen soll. Statt der Bezeichnung “Mafia-Paragraph” gerecht zu werden, wird er erstmals im “Kampf” gegen gewaltfrei protestierende Klimaaktivist:innen angewandt.

Anfang März 2024 erhielten die Anwält:innen der Beschuldigten Post von der Staatsanwaltschaft mit der Aufforderung, innerhalb einer Frist von vier Wochen Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen.
Unter www.menschengegenoel.org ist jetzt die Zivilgesellschaft dazu aufgerufen, Position zu beziehen. 

Die deutsche Regierung lässt in Komplizenschaft mit den fossilen Konzernen dieses Landes die Klimakatastrophe eskalieren. Unterstützer:innen der Letzten Generation stellen sich dem entgegen, haben Öl-Pipelines den Hahn zugedreht, den Flugverkehr gestoppt und den Alltag unterbrochen. 

Darunter auch Mirjam Herrmann (26), Henning Jeschke (24), Lukas Popp (25), Jakob Beyer (30) und Edmund Schultz (60). Diese fünf Menschen werden als Teil einer aktiven Zivilgesellschaft angeklagt im Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB. Nicht für ihre konkreten Taten der Zivilcourage – den Flugverkehr aufzuhalten, Pipelines zuzudrehen und den Alltag zu unterbrechen – sondern weil sie sich mit vielen anderen zusammengetan haben, um in der Krise gemeinsam etwas zu verändern. 

Das drastische Vorgehen gegen Klimaaktivist:innen steht unter großer Kritik: Green Legal Impact, das Deutsche Institut für Menschenrechte, die internationalen Organisationen Amnesty International und Civicus sowie viele weitere Organisationen und Expert:innen zeigen sich besorgt. Die Konsequenzen des Verfahrens treffen nicht nur die Beschuldigten. Die Ermittlungen im 129er Verfahren sorgen dafür, dass Klimaaktivismus mit organisierter Kriminalität assoziiert und somit stigmatisiert wird. Dadurch werden Menschen davon abgeschreckt, von ihrem Recht auf Protest und Meinungskundgabe Gebrauch zu machen.

Michael Forst, UN-Sonderberichterstatter für den Schutz von Umweltschützern, erklärte Ende 2023 in Hinblick auf den Umgang Deutschlands mit friedlichem Protest: “Ich glaube, was die Regierungen beunruhigt, was sie dazu veranlasst, Klimabewegungen wie in Deutschland als kriminelle Organisationen einzustufen, ist nicht so sehr die vermeintliche Illegalität ihrer Aktivitäten […] sondern die Reichweite ihrer Stimme. Es ist die Tatsache, dass sie hörbar sind, gehört und beachtet werden.”

Er sei “zutiefst besorgt, eine derartige Erosion des zivilgesellschaftlichen Raums und Bedrohungen gegen Umweltschützer in Europa und auch in Deutschland, mitzuerleben“ [1]

In einem aktuellen Bericht vom Februar 2024 bestärkt er die “große Gefahr für Menschenrechte und Demokratie” und betont: “Anstatt Umweltschützer:innen zu kriminalisieren, sollten Regierungen die Ursachen für ihre Mobilisierung angehen.” [2]

Zoë Ruge, Mitgründerin des RAZ e.V.i.G. erklärt: “Protest und Meinungskundgabe, auch wenn es stört, sind existenzielle Bestandteile einer lebendigen  Demokratie und für diese unverzichtbar. Friedlicher Klima-Protest ist lebensnotwendig! Ermittlungen nach §129 StGB in diesem Zusammenhang und damit einhergehende Maßnahmen, wie Hausdurchsuchungen, das Beschlagnahmen der Website der Letzten Generation oder das Abhören des Pressetelefons, sind klare Grenzüberschreitungen, die an den Grundfesten unserer Demokratie rütteln.”

Weiter führt sie aus: “Der § 129 StGB wird instrumentalisiert, um friedlichen Protest zu unterdrücken, und vom klimapolitischen Versagen der Bundesregierung und der eigentlichen Gefahr abzulenken. Das ist beängstigend. Aber diese Gesellschaft darf und wird sich nicht davon abhalten lassen, die Stimme zu erheben. Wir stehen ein für Gerechtigkeit, Demokratie und Menschlichkeit. Wir sind alle zusammen Menschen gegen Öl – Alle, die ihr Schicksal nicht denen überlassen wollen, die es zerstören. Alle, die hinter dem verfassungsmäßigen Schutz unseres Lebens stehen und fossile Konzerne und die Regierung mit ihren Profit- und Machtinteressen nicht durchkommen lassen wollen.”

Die Staatsanwaltschaft Neuruppin leitet nun die letzten Schritte ein, um 5 Menschen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung anzuklagen. Die Anwält:innen der Beschuldigten haben die kompletten Akten erhalten und nun vier Wochen Zeit, um hierzu Stellung zu nehmen. Am 28.3. läuft die Frist ab, anschließend wird die Anklage an das Gericht weitergereicht und an die Betroffenen geschickt. 

Auf der Website von Menschen gegen Öl gibt es nun die Möglichkeit, als Teil der Zivilbevölkerung und somit perspektivisch ebenfalls Betroffene:r, Stellung zur geplanten Anklage zu nehmen. Die ausgefüllten Formulare werden dann direkt an die Staatsanwaltschaft Neuruppin geschickt und müssen, als Teil der Akte, von Staatsanwaltschaft und Gericht gelesen werden. 

Die Wirkung eines solchen gesellschaftlichen Auflehnens ist dabei nicht zu unterschätzen. Die Entscheidung des Gerichts im Verfahren hängt aufgrund des weiten Tatbestandes von § 129 StGB auch stark von der öffentlichen Meinung zu dem Thema ab. Eine aktive Zivilgesellschaft kann den Diskurs mitbestimmen und so Einfluss darauf nehmen, wie und ob friedlicher Protest für unser aller Überleben bestraft wird. 

Jetzt ist es also an uns allen, die Werte einer lebendigen und wehrhaften Demokratie hochzuhalten.
Menschen für Gerechtigkeit. Menschen für Demokratie. Menschen gegen Öl. 

[1] Green Legal Spaces 2023

[2] UNSR_EnvDefenders_Aarhus_Position_Paper_Civil_Disobedience_EN.pdf (unece.org)

Scientist Rebellion

Scientist Rebellion hat sich als globale Bewegung von Wissenschaftler- und Akademiker*innen aufgestellt, die nicht mehr tatenlos zusehen können, wie die Klimakatastrophe weiter voranschreitet. 

Die Menschen von Scientist Rebellion beschreiben ihre Ziele wie folgt: 

Scientists have spent decades writing papers, advising governments, briefing the press: all have failed. What is the point in documenting in ever greater detail the catastrophe we face, if we are not willing to do anything about it?

Academics are perfectly placed to wage a rebellion: we exist in rich hubs of knowledge and expertise; we are well connected across the world, and to decision-makers; we have large platforms from which to inform, educate and rally others all over the world, and we have implicit authority and legitimacy, which is the basis of political power. We can make a difference. We must do what we can to halt the greatest destruction in human history.

https://scientistrebellion.org/, aufgerufen am 29.01.2024.

Die Aktivist:innen bedienen sich der Theorie des gewaltfreien zivilen Ungehorsams als eins der effektivsten Mittel für das Anstoßen von gesellschaftlichen Wandel. Sie stehen mit ihren Titeln und professionellen Hintergründen auf und protestieren gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Akteur:innen. 

Scientist Rebellion zielt auf die Einbeziehung und Aktivierung der zivilen Öffentlichkeit ab und fordern somit die aktuellen Autoritäten. 

In den letzten zwei Jahren wurde Scientist Rebellion von ihrem eigenem Legal Team unterstützt und eng betreut. Die Betreuung wird seit der Gründung von Rückendeckung für eine Aktive Zivilgesellschaft nun über den Verein weitergeführt. Bei dieser Arbeit wird auf die Erfahrungswerte und das Wissen des Legal Teams von Scientist Rebellion zurückgegriffen. 

Für mehr Einblick in die Rechtshilfearbeit der Scientist Rebellion hier klicken. 

Queermany

Queermany ist eine Graswurzelbewegung, die sich für die sozial-ökologische Wende einsetzt und den queer-feministischen Klimaaktivismus stärken will. Im Mittelpunkt der bewegungsübergreifenden Vernetzung und Proteste steht, die Unsicherheiten und Sorgen der Bürger*innen anzugehen. Das Team setzt sich aus Mitgliedern verschiedener Städte zusammen, die sich für eine inklusive und nachhaltige Zukunft einsetzen.

Konzeptiert wurde die Bewegung zwischen Sommer und Herbst 2023. Seit Januar/Februar 2024 ist sie nun operativ aktiv. Seit März 2024 ist Queermany außerdem Teil des Bündnis „Stoppt fossile Subventionen“ und tritt mit ihrer ersten queeren Demonstration am 4. Mai offiziell als aktiver Bestandteil auf.

RAZ e.V. begleitet Aktivist:innen von Queermany im Umgang mit eventuellen Repressionen und damit einhergehenden emotional-psychologischen Auswirkungen, sowie juristischen Konsequenzen und Herausforderungen.

Weitere Informationen sind auf der Website von Queermany, sowie über ihren Infokanal bei Telegram zu finden.