„Traurig und glücklich zugleich“ – Rechtsstreit wegen Flugverweigerung endet mit Vergleich

15. Januar 2025, 2 Min Lesezeit

Was ist passiert?

Nach einem Forschungsaufenthalt in Bougainville, Papua-Neuguinea, hatte sich Dr. Gianluca Grimaldas Rückreise durch Visa- und Sicherheitsprobleme sowie Vulkanaktivitäten und andere logistische Hindernisse verzögert. Er konnte daher nicht zum eigentlich vereinbarten Zeitpunkt in Kiel zurück sein, woraufhin sein Arbeitgeber – das Kieler Institut für Weltwirtschaft – seine unverzügliche Rückreise per Flugzeug anordnete. Die Hinreise hatte Dr. Grimalda weitestgehend ohne Flugzeug bewerkstelligt, was für das IfW kein Problem darstellte. Dr. Grimalda weigerte sich aus klimabewusster Überzeugung, zurückzufliegen, woraufhin das IfW ihm am 9. Oktober 2023 die Kündigung seines Arbeitsvertrages mitteilte.

Hinreise

Rückreise

Dies war der erste bekannte Fall, in dem ein Mitarbeiter entlassen wurde, weil er sich weigerte, ein Flugzeug zu nehmen, um Treibhausgasemissionen zu vermeiden.

Dr. Grimalda klagte gegen diese Kündigung, die Klage wurde jedoch in erster Instanz abgelehnt. Jetzt haben Dr. Grimalda und das Kieler Institut für Weltwirtschaft in zweiter Instanz einen Vergleich geschlossen.

Was genau wurde jetzt entschieden?

Der nun erzielte Vergleich sieht vor, dass der Vertrag wegen unvereinbarer weltanschaulicher Überzeugungen zwischen den Parteien mit einer ordentlichen Kündigung beendet wird. Die fristlose Kündigung durch das IfW wurde aufgehoben und das IfW wird Dr. Grimalda keinerlei Vertragsverletzung vorwerfen. Dr. Grimalda erklärte sich mit der Abfindung einverstanden, deren genaue Höhe aufgrund einer Vertraulichkeitsklausel nicht bekannt gegeben werden kann. Er beabsichtigt 75.000 Euro, einen Teil dieser Abfindung, für Zwecke des Umwelt- und Klimaschutzes sowie des Klimaaktivismus zu spenden.

Gianluca Grimalda selbst sagt dazu:

„Ich bin traurig und glücklich zugleich. Traurig, weil ich einen Job verloren habe, den ich liebte. Glücklich, weil der Richter implizit anerkannt hat, dass es unmöglich ist, einen Arbeitnehmer zu entlassen, weil er sich weigert, ein Flugzeug zu nehmen. Ich hoffe, dass mein Fall mehr Angestellte, Institutionen und Unternehmen dazu inspiriert, den Übergang von einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Wirtschaft zu einer dekarbonisierten und auf den Menschen ausgerichteten Gesellschaft aktiv zu unterstützen.
Ich bin entschlossen, meine Forschung fortzusetzen. Auch wenn alle Bewerbungen, die ich dieses Jahr geschrieben habe, erfolglos waren. Im Jahr 2025 möchte ich erneut nach Papua-Neuguinea reisen, um die Anpassung der dortigen Bevölkerung an den Klimawandel weiter zu untersuchen. Sobald ich zurück bin, werde ich meine Arbeit als Klimaaktivist wieder aufnehmen.“

Jörn A. Broschat, LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht, der Dr. Grimalda verteidigte, erklärt abschließend:

„Ich freue mich, dass die fehlerhafte Entscheidung der ersten Instanz revidiert werden konnte und ein Kündigungsgrund letztlich nicht bestand. Dennoch bleibt die rechtliche Lage für Arbeitnehmer:innen, die klimaneutrales Reisen bevorzugen, unsicher. […]
Dies ist erst der Anfang von zweifellos zahlreichen arbeitsrechtlichen Entscheidungen, die das komplexe Zusammenspiel zwischen Klimawandel und den Interessen von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen behandeln werden.“