Der Verein Rückendeckung für eine Aktive Zivilgesellschaft (RAZ) e.V. besteht aus Menschen mit breiter aktivistischer Erfahrung. Wir bringen vielfältige fachliche Hintergründe mit und stehen an unterschiedlichsten Punkten in unserem Leben. Wir sind teils Volljurist:innen, teils komplett ohne juristischen Hintergrund, durch eigenen Aktivismus automatisch mit Justiz in Kontakt gekommen, Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen, Informatiker:innen und vieles mehr. Was uns eint, sind die gemeinsamen Werte und das Ziel, Aktivist:innen bestmöglich zu betreuen und zu unterstützen in ihrem Engagement für eine pluralistische und inklusive Gesellschaft, in der wir gemeinsam Klimagerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe erreichen.
Wir wissen selbst, wie es sich anfühlt, Post von Polizei, Staatsanwaltschaft und/oder Gerichten zu bekommen. Wie herausfordernd es ist, mit solch belastenden Erfahrungen umzugehen. Aber wir wissen auch, wie es sich anfühlt, diese zu überwinden. Wir helfen euch im Umgang mit diesen Erfahrungen. Gerade durch die Kombination aus rechtlicher und psychologischer Unterstützung erhoffen wir uns eine starke und warmherzige Rückendeckung anzubieten.
Unser Ziel in einem Satz zusammengefasst ist es, mit euch eine gerechtere Welt zu erschaffen. Um dies zu verwirklichen, möchten wir Engagement langfristig unterstützen, Aktivist:innen empowern, und Aktions- und Handlungsräume schützen.
Wir sind entschlossen, Menschen in ihren rechtlichen, finanziellen, sozialen und emotionalen Konsequenzen ihres Engagements zu unterstützen und ihre Ziele durch bereitgestellten notwendigen Support zu fördern. In diesem Kontext bestärken wir Menschen, sich trotz Widerständen und/oder Repression weiter aktiv zu engagieren. Wir unterstützen Menschen auch darin, soweit es möglich ist, aus Repression neues Potential für ihre Ziele zu schöpfen. Denn eine lebendige Demokratie besteht aus Menschen, die ihre Grundrechte wahrnehmen und sich versammeln. Menschen, die ihre Wünsche und Erwartungen an ein friedliches Miteinander kommunizieren und gestalten.
Wir bieten Rückendeckung für eine aktive Zivilgesellschaft.
Entstehung des Vereins
Als sich im Januar 2022 die Letzte Generation das erste Mal mit wenigen Menschen auf die Straße und damit in die Öffentlichkeit begab, bildete sich parallel eine Struktur für Rechtshilfearbeit – das Legal Team der Letzten Generation. Dieses Team begleitete Aktivist:innen im Umgang mit Repressionen, wie zum Beispiel den Fluten an Gebührenbescheiden, Klebeverboten, Strafbefehlen, und beschleunigten Verfahren. Parallel hat das Legal Team auch Vernetzungs- und Bildungsarbeit geleistet und spezielle Schulungen zur strategischen Prozessführung und Selbstverteidigung von Strafgerichten erarbeitet und durchgeführt. Das Legal Team unterstützte neben den Aktivist:innen der Letzten Generation auch bereits teilweise weitere Bewegungen, die sich dem zivilen Ungehorsam verschrieben haben. Anfang 2024 ging das Legal Team den naheliegenden Schritt, einen selbstständigen Verein zu gründen, der unabhängig von einer einzelnen Bewegung friedlichen Widerstand und die Bewahrung der Grund- und Menschenrechte unterstützt – strategisch und individuell. Im Februar 2024 fing dementsprechend der Verein Rückendeckung für eine Aktive Zivilgesellschaft (RAZ) an, unabhängig von der Letzten Generation zu arbeiten, um diesen Menschen auch in vielen Jahren noch verlässlich Stabilität und Ressourcen zur Verfügung stellen zu können. RAZ betreut momentan die große Zahl an Verfahren der Letzten Generation im Zivil-, Straf-, und Verwaltungsrecht, sowie Strafverfahren der Scientist Rebellion und vereinzelt von Debt for Climate. Seit dem 1. Februar 2024 agiert RAZ selbständig und unabhängig von der Letzten Generation.
Unsere Werte
Wofür sind unsere Werte da?
In unseren Werten legen wir fest, wie wir miteinander in unserer Arbeit umgehen möchten. Außerdem beschreiben wir hier unsere gemeinsame Vision und auf welche Welt wir mit unserer Unterstützungsarbeit hinarbeiten. Diese Werte sind Grundlage all unseres
Engagements für eine gerechtere Welt und jedes Mitglied sollte die fünf Werte kennen und sich mit ihnen identifizieren können.
Auch wenn sich ändern sollte, wie wir strukturell arbeiten oder welche Bewegungen wir unterstützen, können wir uns immer an unseren Werten orientieren und auf diese fokussieren.
1. Gemeinsame Vision
Wir leben in einem System, das gewaltvoll ist und aktiv Ungerechtigkeit fördert. Als Zivilgesellschaft Verantwortung zu übernehmen – miteinander, füreinander und für unsere Welt – bedeutet, die bestehenden Machtverhältnisse zu hinterfragen und vorhandene Ungleichheiten abzubauen.
In Zeiten multipler Krisen beobachten wir eine Entwicklung hin zu noch mehr sozialer und globaler Ungerechtigkeit, zu mehr Ausgrenzung und mehr Gewalt, mehr Machtmissbrauch und dem Abbau von Menschenrechten und Möglichkeiten zur demokratischen Teilhabe.
Wir stellen uns eine pluralistische und inklusive Gesellschaft vor, in der Themen wie Klimagerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe Platz im gesellschaftlichen Diskurs finden und mit Priorität behandelt werden.
Wir sind entschlossen, diese Menschen bei den rechtlichen, finanziellen, sozialen und/oder emotionalen Konsequenzen ihres Engagements zu unterstützen. Wir werden ihre Visionen unterstützen, indem wir notwendigen Support anbieten. In diesem Kontext bestärken wir Menschen, sich trotz Repression weiter aktiv zu engagieren. Wir unterstützen Menschen auch darin, soweit es möglich ist, aus den Repressionen neues Potential für ihre Vision/ihr Engagement zu schöpfen.
2. Kultur der Zusammenarbeit
Innerhalb unseres Vereins haben wir keine gegenseitigen Erwartungen, was jedes Mitglied leisten muss. Wir bringen einander Vertrauen, Unterstützung und Verständnis darüber entgegen, was jedes Mitglied in dem Moment anbieten kann und möchte. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, die wir tragen und dass Menschen sich auf unsere Arbeit verlassen. Wir kommunizieren ehrlich, wenn wir etwas nicht leisten können und geben Aufgaben gezielt ab, wenn dies der Fall ist.
Im Rahmen unserer Zusammenarbeit bauen wir Solidarität, Vertrauen, sowie Sicherheit auf und schaffen Raum für emotionalen Austausch. Konflikte werden offen angesprochen. Wir versuchen gemeinsam Lösungen zu finden, die alle mittragen können und mit denen sich alle wohlfühlen.
Bei der Besetzung von Rollen geben wir, bei gleicher Eignung, FlINTA*, BIPoC sowie Menschen, die von der Gesellschaft in ihrer Teilhabe behindert werden, den Vorzug.
Wir sind gewaltfrei in Sprache, Handlung und Entscheidungssituationen. Wir haben den Anspruch, eine Kultur im Umgang und der Arbeit miteinander zu leben, wie wir sie in der Welt verwirklicht sehen wollen.
3. Hinterfragen und Reflektieren
Wir hinterfragen unser System, uns selbst, unsere Privilegien, Machtstrukturen, sind uns unserer Verantwortung bewusst und befinden uns in einem stetigen Lern- und Weiterentwicklungsprozess. Wir erkennen die globalen Zusammenhänge und die Verknüpfung der Klimakrise mit Kolonialismus, Kapitalismus, Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, Klassismus und Ableismus nicht einfach nur an. Weil wir verstehen, dass unser System und auch die Strukturen, die uns geprägt haben, bedingt sind, wollen wir Teil der Veränderungen sein und diese Machtstrukturen und Formen der Diskriminierung so wenig wie möglich reproduzieren. Wir leben eine Kultur des Lernens. Wir dulden keine Form(en) der Diskriminierung.
4. Transparente Strukturen
Wir schaffen Transparenz in Bezug auf Entscheidungsmandate und Wissensverteilung.
Diese sind in unserer Satzung und Geschäftsordnung festgehalten. Wir werden aktiv Wissenshierarchien abzubauen.
5. Willkommenskultur/Offenheit
Wir erkennen an, dass wir alle unterschiedlich sind und jede:r einen eigenen individuellen Beitrag leisten kann. Wir sehen diese Vielfalt als wertvoll an. Wir schätzen jede Art und Intensität wert, auf die oder mit der Menschen sich einbringen, insbesondere Arbeiten der Fürsorge und Unterstützung. Wenn Mitglieder gegen unsere Werte verstoßen, können diese ausgeschlossen werden. Hierbei werden unsere Werte beachtet mit Blick auf ein faires und transparentes Ausschlussverfahren.
Die Stärke und Einzigartigkeit von unserer Rechtshilfearbeit resultieren aus der ganzheitlichen erknüpfung einzelner Verfahrensbetreuungen, der strategischen Priorisierung von Rechtsmitteln sowie der Auswahl und Anwendung von Strategien in der Prozessführung. Auf der Ebene der emotionalen Unterstützung bieten wir im Konkreten Gesprächsangebote für Gruppen und für Einzelne aus einer Gruppe an. In geschützten Räumen finden aktive Zivilbürger*innen die Möglichkeit, Erlebtes gemeinsam in ihrer Gruppe zu verarbeiten und belastende Themen im beratenden Dialog mitzuteilen.
“Es braucht eine aktive Zivilgesellschaft, um die wichtigen Ideale der Solidarität und der Grund- und Menschenrechte gegen erstarkende autokratische Kräfte erhalten zu können”
– Präambel Rückendeckung für eine aktive Zivilgesellschaft e.V.